ICE 3 - die elektrische Ausrüstung

Elektrische Ausrüstung


Der Triebzug verfügt über zwei voneinander unabhängige Traktionsanlagen. Sie sind jeweils über drei Wagen unterflur verteilt. Jede Traktionseinheit hat einen Transformatorwagen TW 2 bzw. 7. Im Anschluss an den Transformatorwagen folgen beidseitig je ein Stromrichterwagen SW 3 bzw. 6 und der Endwagen EW 1 bzw. 8. Die Transformatorwagen sind mit jeweils einem Stromabnehmer DAS 380 D für Deutschland ausgerüstet. Die Stromabnehmer sind direkt mit einer Hochspannungsleitung, welche im Dach der Wagen verlegt wurde, verbunden. An den Wagenübergängen tritt diese Leitung über einen Endverschluss aus dem Dach aus und wird über Stützisolatoren mit einer doppelten Leitung mit dem nächsten Wagen verbunden. Durch diese Hochspannungsleitung kann der gesamte Zug über einen Stromabnehmer versorgt werden. Im Falle einer Störung ermöglichen zwei Dachtrennschalter auf den Transformatorwagen die Trennung der Dachleitung. Beim Ausfall einer Traktionseinheit bleibt die andere voll funktionsfähig. Ist der Trennschalter gestört, können beide Traktionseinheiten über ihre eigenen Stromabnehmer voll weiterbetrieben werden.


Die Dachausrüstung, die für 15 kV ausgelegt ist, setzt sich ferner aus folgenden Aufbauten zusammen:

  • Überspannungsableiter
  • Oberspannungswandler
  • Oberstromwandler (dem Transformator vorgeschaltet)

Die vom Stromabnehmer aufgenommene Energie wird über einen pneumatisch betätigten Vakuum-Hauptschalter zum Haupttransformator geführt. Der Hauptschalter trennt im Falle einer Störung in Sekundenschnelle sowohl die Traktionsanlage als auch die Bordnetzversorgung der jeweiligen Triebzughälfte vom Netz. Der Transformator ist in einem Transformatorkessel untergebracht und etwa mittig an den Wagenkastenlängsträgern befestigt. Gekühlt wird er mit Mineralöl. Zwei parallel arbeitende Ölpumpen saugen das Trafoöl aus dem Kessel ab und führen es über einen Kühlkreislauf in die Kühlanlage neben dem Trafo. Jeder Trafo verfügt ferner über sechs Sekundärwicklungen. Diese bestehen aus jeweils zwei Wicklungen für 1.103 V (Traktionsstromrichter  EW 1/8 bzw. SW 3/6) und 331 V (Zugsammelschienenumrichter TW 2 bzw. 7).

Die heruntertransformierte Einphasen-Wechselspannung mit 16,7 Hz wird je Traktionsstromichter in zwei Vierquadranten-Eingangsstellern (4QS) in eine gepulste Gleichspannung von 2.000 bis 2.800 V umgeformt. Jede Sekundärwicklung des Trafos speist dabei eine 4QS. Die Energie gelangt durch einen Gleichstromzwischenkreis mit Saugkreis und Saugkreisdrosseln zum Pulswechselrichter. Dort wird sie in eine dreiphasige pulsende Wechselspannung umgeformt und den vier Fahrmotoren des jeweiligen Stromrichterwagens zugeführt. Die 4QS und der Pulswechselrichter bestehen aus baugleichen Phasenmodulen. Diese setzen sich zusammen aus zwei GTO-Thyristoren, zwei antiparallelen Freilaufdioden, der Schutzbeschaltung und der Ansteuerbaugruppe. An den Gleichstromzwischenkreis ist das Bremsstellermodul für die Wirbelstrombremse angeschlossen.

Der Traktionsstromrichter und das zugeordnete Antriebssteuergerät sind in einem Traktionscontainer aufgehängt. Daneben ist die Kühlanlage des Traktionsstromrichters angeordnet. Dieser kühlt über einen geschlossenen Kreislauf die Module von 4QS und Pulswechselrichter. Als Kühlmittel dient ein Wasser-Antifrogen-N-Gemisch.


Baureihe 406
Die Baureihe 406 verfügt aufgrund ihrer Mehrsystemausführung über verschiedene Anlagen:


AC-Anlage
Die Baureihe 406 besitzt mehrere Stromabnehmer, hat jedoch die gleiche Aufteilung von Traktionseinheiten wie die Baureihe 403. Die Transformatorwagen sind auch hier mit dem Stromabnehmer DAS 380 D ausgerüstet. Allerdings ist dieser Stromabnehmer auch für das in den Niederlanden im Aufbau befindliche 25 kV 50 Hz-Netz geeignet. Außerdem ist dieser Stromabnehmer auch für Einsätze im NS-Netz ausgerüstet. Die Dachausrüstung ist um ein Spannungs-Fühlsystem erweitert. Dieses System erkennt, wenn ein AC-Stromabnehmer im DC-Netz gehoben wird. Die Stromabnehmer sind über einen Trennschalter mit der Hochspannungsleitung im Dach verbunden. Ein weiterer Trennschalter auf den Dächern der MW 4 und 5 sorgt im Falle einer Störung für die sekundenschnelle Trennung der Dachleitung. Alle Dachaufbauten sind für eine Spannung von 25 kV ausgelegt. Auf den MW 4 und 5 befinden sich weitere Stromabnehmer für den AC-Betrieb auf SNCF- und Schweiz-Strecken. Es ist der Typ DSA 380 F. Es können auch die mit 25 kV elektrifizierten Strecken in Belgien befahren werden.

Der Haupttransformator verfügt über eine verstärkte Wicklungsisolation aufgrund möglich höherer Spannungen. Er wird ebenfalls mit Mineralöl gekühlt. Von den Stromabnehmern wird die Energie über den Hauptschalter zum Haupttransformator geführt. Jeder Trafo verfügt über jeweils zwei Sekundärwicklungen für 1.103 V (Traktionsstromrichter EW 1/8 bzw. SW 3/6) und 331 v bei 15 kV Netzspannung oder 2 x 337 V bei 25 kV Netzspannung (Zugsammelschienenumrichter TW 2/7). Alle Sekundärwicklungen sind mit zusätzlichen Abgriffen für den 25 kV-Betrieb vorgesehen.

Ein Systemumschalter schaltet in Abhängigkeit des gewählten Stromsystems entweder auf volle Windungszahl (15 kV) oder reduzierte Windungszahl (25 kV). Dieser Systemumschalter ist Teil des sogenannten Bordnetztransformator- und Trennschaltergerüstes BTG. Es stellt im AC-Betrieb die Verbindung zwischen Haupttransformator und Traktionsumrichtern im EW/SW bzw. Zugsammelschienenumrichter her. Im DC-Betrieb versorgt es das 670 V-Bordnetz aus dem Traktionszwischenkreis über einen Bordnetztransformator.


DC-Anlage

Die DC-Anlage ist die zweite Hochspannungsanlage im 406. Auf den Dächern der SW 3 und 6 sind Stromabnehmer vom Typ DSA 350 G vorgesehen. Sie sind Baugleich mit der AC-Version, sind jedoch für Ströme bis zu 2.400 A einsetzbar. Die Dachausrüstung besteht aus einem Fühlsystem mit Trennschalter. Die Eingangsspannung beträgt 1.500 bzw. 3.000 V DC. Daher wird der Haupttransformator umgangen. Die Stromabnehmer sind daher nicht an die Hochspannungsdachleitung angeschlossen, sondern werden jeweils über einer eigenen Hochspannungsleitung über den Oberstromwandler direkt in den DC-Hochspannungscontainer in der Bodenwanne der SW 3/6 geführt. Deshalb müssen die ICE 3M in den Niederlande und in Belgien beide Stromabnehmer anlegen.

Im DC-Betrieb sind beide Stromabnehmer miteinander verschaltet. Durch zwei verschiedene Schaltvarianten wird eine Anpassung an die Fahrdrahtspannung erreicht. Die Pulswechselrichter werden mit derselben Zwischenkreisspannung von 2.000 bis 2.800 V versorgt. Die weiteren Module und deren Funktionen mit Ausnahme des Saugkreises entsprechen denen im AC-Betrieb.


Systemumschaltung
Die Systemumschaltung erfolgt manuell von einem Display im besetzten Führerstand aus. Eine automatische Umschaltung ist noch nicht möglich. Der Lokführer kann zwischen folgenden sechs Systemen wählen:

  • 15 kV AC DB
  • 15 kV AC SBB
  • 25 kV AC NS
  • 25 kV AC SNCF und SNCB
  • 1,5 kV DC verstärkte Ausführung NS
  • 3 kV DC verstärkte Ausführung SNCB

Zusätzlich muss ein Wechsel der Zugsicherungssysteme durchgeführt werden.

Das durch ZSG und ASG gesteuerte Umkonfigurieren der Hochspannungs- und Hauptstromanlagen erfolgt dabei nach der Befehlsgabe automatisch. Der Systemwechsel kann sowohl auf freier Strecke als auch während des Aufenthalts in einem Bahnhof erfolgen. Der Systemwechsel läuft wie folgt ab:

  1. Systemwechsel wird durch Streckensignale, durch Anzeige im Ebula oder durch Leuchtmelder im Führerraum (gesteuert durch Balisen im Gleis) gesteuert
  2. Der Tf ruft im Display die Maske „Spannungssystemwahl“ auf und legt den Fahrschalter in Stellung 0
  3. Der Hauptschalter muss anschließend auf „Aus“ gestellt werden
  4. Der Stromabnehmer muss gesenkt werden
  5. Die Anwahl des neuen Systems erfolgt im Display, das Heben aller Stromabnehmer ist nun gesperrt
  6. Nach Beendigung der Steuervorgänge durch ZSG und ASG ist das Heben der Stromabnehmer wieder möglich und auch durchzuführen
  7. Der Hauptschalter wird wieder eingeschaltet und der Systemwechsel ist durchgeführt 


Bordnetz und Hilfsbetriebeausrüstung
Das Bordnetz dient der Versorgung von Hilfsbetrieben und Komforteinrichtungen. Wichtige Verbraucher sind z. B. Lüfter, Pumpen, Klimatisierungsgeräte, Heizung sowie alle Küchenverbraucher wie Mikrowelle, etc. Bei der Konzipierung dieses Bordnetzes wurde auch auf die unterschiedlich verbreiteten Versorgungsspannungen geachtet. Deshalb ist durch den gesamten Zug eine 670 V-DC-Zugsammelschiene untergebracht. Sie verbindet im Normalfall 4 Wagen. Über ein sogenanntes Koppelschütz wird im Störungsfall die Zugsammelschiene durchgekuppelt. Aus dieser ZS wird ein konstantes oder drehzahlvariables Drehstromsystem (mit maximal 440 V 60 Hz) generiert. Es wird durch Ausgangsstromrichter mittels luftgekühlter IGBT-Drehrichtermodule verschiedener Leistungsgrößen gespeist. Der Umrichter der Klimaanlage und die Hauptheizung sind direkt an die Zugsammelschiene (ZS) angeschlossen.

Die Einspeisung der ZS erfolgt unterschiedlich. Durch die Zugsammelschienenumrichter in IGBT-Technik mit 2 x 250 kVA Nennleistung wird das Bordnetz in Wechselspannungsnetzen versorgt. Diese sind in den Trafowagen unterflur angeordnet. Sie sind wassergekühlt und redundant aufgebaut sowie als Vierquadrantensteller geschaltet. Sie werden zudem an zwei getrennten Hilfsbetriebewicklungen des Haupttransformators gespeist. Somit ergibt sich pro Halbzug eine Bordnetzleistung von maximal 1.000 kVA. Der maximale Bedarf bei voller Leistung der Hilfsbetriebe und der Klimaanlagen beträgt 800 kVA.

In den Gleichspannungsnetzen wird das Bordnetz aus dem Gleichspannungszwischenkreis der Traktionsumrichter versorgt. Die Anpassung an die konstante Spannung der Zugsammelschiene erfolgt durch Pulsbreitenmodulation eines Phasenmoduls aus dem Traktionsumrichter. Zwei 6-polige Systemumschalter ermöglichen den Wechsel der Bordnetzkreise zwischen 15 kV- und 25 kV-Betrieb sowie zwischen AC und DC.

Zum Bordnetz gehört auch eine durch den gesamten Zug durchgehende 110 V-Batteriesammelschiene. Sie versorgt die Wagenbeleuchtung, die Elektroniksteuergeräte (wie das ASG, Bremssteuergerät BSG, Zentrale Steuergerät ZSG, die Türsteuerungen, etc.) und die konventionelle Schaltungsebene. An jede dieser Batteriesammelschiene werden in jedem der beiden Mittelwagen zwei Sätze Bleibatterien mit jeweils 280 Ah betrieben. Dazu gehört ein wassergekühltes Batterieladegerät. Jedes Ladegerät verfügt über eine Leistung von 60 kW und wird aus der ZS versorgt. Bei einem Absinken der ZS-Spannung unter 570 V DC werden die Batterien nicht mehr geladen. Rückspeisen kann jedes Batterieladegerät 30 kW in die ZS. Dadurch wird eine Weiterversorgung der wichtigsten Traktions-Hilfsbetriebe sichergestellt. Dazu zählen der Betrieb der Wirbelstrombremse und ein Weiterbetrieb der Klimaanlage bei Netzspannungsausfall.