407 - die Leittechnik und das Diagnosesystem

Leittechnik und Diagnosesystem im 407

Ein Triebzug besteht aus zwei Traktionseinheiten, die jeweils aus 4 Wagen bestehen. Die 4 Wagen innerhalb einer Traktionseinheit sind mittels MVB, Multifunction-Vehicle-Bus, miteinander verbunden. Beide Traktionseinheiten eines Triebzuges sind über den WTB, Wire Train Bus, miteinander verbunden. Der WTB ist dabei als redundante Zweidrahtleitung ausgeführt. Der WTB verbindet bei einer Doppeltraktion aus zwei Triebzügen auch diese beiden Fahrzeuge und übernimmt dabei die triebzugübergreifende Kommunikation.

Der MVB ist an allen elektrischen Subsystemen angeschlossen. Dazu zählen beispielsweise ASG, BSG und EVB. SIBAS-KLIP-Stationen verbinden die verschiedenen Funktionen mit der Fahrzeugsteuerung. Dazu zählen Beispielsweise:

  • Innenbeleuchtung
  • WC-Anlagen
  • Spannungsüberwachung (Oberleitung, Batterien)
  • Drehgestellüberwachung
  • Brandmeldeanlage
  • Überwachung aller Leitungsschutzschalter
  • Statusüberwachung von allen Sicherheitsschleifen, Hauptschaltern

Das zentrale Steuergerät (ZSG)
Das ZSG übernimmt die übergeordneten Steuerungs- und Überwachungsaufgaben des Zuges. In jeder Traktionseinheit sind zwei ZSG vorhanden. Sie sind redundant aufgebaut und arbeiten beide gleichzeitig, eins davon übernimmt jedoch die Master-Funktion und das andere die Slave-Funktion. Im Falle einer Störung übernimmt das Slave-ZSG sofort die Funktion als Master-ZSG.

Das Master-ZSG liest die Meldungen von den Subsystemen bzw. vom WTB aus und gibt Steuersignale und Rückmeldungen zurück. Das Master-ZSG übernimmt zudem als Zugmaster-ZSG die Steuerung des gesamten Zuges.

Folgende Aufgaben werden beispielsweise vom Master-ZSG ausgeführt:

  • Abschaltprofil in der Bordnetzsteuerung
  • Sifa-Funktion
  • Überwachen der Sicherheitsschleifen, der Drehgestelldiagnose und der Brandmeldeanlage
  • Steuer- und Befehlsvorgabe für verschiedene Steuergeräte
  • Steuern der Betriebszustände des Zuges
  • Überprüfen und Ermitteln der Zugkonfiguration (Einzel- oder Doppeltraktion)
  • Ansteuern und Überwachen von Hauptschalter und Stromabnehmer
  • Traktionssollwertvorgaben für die Antriebssteuergeräte

Das Zugmaster-ZSG übernimmt noch weitere Aufgaben. Dazu zählen beispielsweise:

  • Anbindung der Zugbeeinflussungssysteme an die Zugsteuerung
  • AFB-Betrieb
  • Kuppeln und Entkuppeln
  • Verarbeitung der Stellungen von Bedienelementen in den Führerständen
  • Traktionssollwertvorgaben für den gesamten Zugverband

Diagnose
Die Diagnose besteht aus Rechnern der Leitebene, die über MVB und WTB miteinander verbunden sind. Die Diagnose wird unterteilt in Subsystemdiagnose und übergeordnete Diagnose. Zu der übergeordneten Diagnose zählen ZSG, Maschinentechnische Displays (MTD) und Zub-Display. Die Diagnose meldet Störungen an den Lokführer über Displays sowie Sprachausgabe und bietet geeignete Abhilfemaßnahmen an.

Die Instandhaltungsdiagnose generiert im Hintergrund Protokolldateien und Betriebsdaten. Dabei wird jede Störung mit einem eigenen Diagnosecode versehen und mit Uhrzeit (kommt/geht) sowie Einbauort gespeichert. Mittels DFÜ werden diese Daten dann an das nächste ICE-Werk gesendet. Zugpersonal oder dem Bordtechniker können außerdem über die MTD verschiedene Störungen mittels Diagnosecode eingeben, die dann im System für den nächsten Werkstattaufenthalt gespeichert werden.

Sicherheitsfahrschaltung (Sifa)
Die Sifa ist im ZSG integriert. Sie hat die Aufgabe, den Lokführer auf Handlungsfähigkeit zu Überwachen. Spricht die Sifa bei Nichtbetätigung der Sifa-Schalter nach spätestens 32,5 Sekunden an, so teilt das ZSG dies dem Zugbremsmanager über MVB und Sifa-Schleife mit. Dieser gibt den Befehl, eine Zwangsbremsung einzuleiten. Die Antriebsleistung des Triebzuges wird abgeregelt.

Antriebssteuergeräte (ASG)
Die Antriebssteuergeräte sind in den Stromrichter- und Endwagen in den Traktionscontainern integriert. Ihre wesentlichen Funktionen sind dabei die Überwachung von Fahrmotoren, Traktionsumrichter und deren Hilfsbetriebe, der elektronische Gleit- und Schleuderschutz, das Ausführen der ZSG- und BSG-Befehle (für Traktion sowie elektrodynamische Bremse und WB-Bremse), die Leistungsversorgung der Bordnetzumrichter sowie das Übermitteln verschiedener Kenngrößen an MTD, ZSG und BSG.

Fahr- und Bremssteuerung
Die Fahr- und Bremssteuerung überwacht die wesentlichen Funktionen und Komponenten für das Fahren und Bremsen. Sie besteht aus den zentralen Bedienelementen auf dem Führertisch, die als Sollwertvorgabe dienen. Dazu zählen der AFB-Vsoll-Steller, der Zugkraftsteller und der Bremskraftsteller. Über das MTD sind weitere Steuerungen möglich (zum Beispiel Bremsprobe).

Weitere Komponenten der Fahr- und Bremssteuerung sind:

  • Automatische Fahr- und Bremssteuerung (AFB)
    Diese ist eine Funktion der übergeordneten Steuerung im ZSG

  • Zentrale Weg- und Geschwindigkeitsmessung (ZWG)
    Übergeordnetes Softwaremodul welches die Geschwindigkeit und den zurückgelegten Weg mittels Geber feststellt und für verschiedene Systeme zur Verfügung stellt (zum Beispiel Displays)

  • Fahrwerksüberwachung
    Überwachung der Fahrwerke durch Steuergeräte auf Rollüberwachung (RLÜ), Laufstabilitätsüberwachung (LSÜ), Heißläuferüberwachung (HLÜ) sowie Antriebslagerüberwachung (ALÜ)

  • Stromabnehmersteuerung
    Stromabnehmer und Hochspannungsanlage werden vom ZSG überwacht und gesteuert. Der jeweilige Stromabnehmer, abhängig vom eingestellten Stromsystem, wird freigegeben.

 

Konventionelle Zugsteuerung
Bestimmte sicherheitsrelevante Signale werden nicht über MVB und WTB übertragen, sondern besitzen eigene Steuerleitungen zur sicheren Übertragung. Diese Steuerleitungen können im Störungsfall auch einzeln vom Lokführer abgeschaltet werden. Diese Steuerleitungen sind in konventioneller Schaltungstechnik ausgeführt. Dazu zählen sämtliche Sicherheitsschleifen, die Brandmeldeschleife, die Notfahrt-Steuerung, die Batteriesteuerung sowie Not-Aus-Schleifen

Brandmeldeanlage
Im gesamten Triebzug wurden etwa 40 Rauchmelder verbaut. Diese sollen unter anderem in den WCs, Führerständen, den E-Schränken und in den Fahrgasträumen innerhalb einer Minute mögliche Rauch- oder Brandentwicklung detektieren. Bei Ansprechen eines Brandmelders werden verschiedene automatisierte Abläufe abgerufen:

  • Alarmierung von Lokführer und Zub
  • Not- und Allgemeinbeleuchtung wird eingeschaltet
  • Wagenübergangstüren werden geschlossen und antriebslos gehalten, um eine Ausbreitung des Rauches bzw. Feuers zu verhindern
  • Die Klimaanlage wird im betreffenden Wagen ausgeschaltet
  • Druckschutzklappen werden geschlossen
  • Die jeweiligen EVB und Traktionscontainer werden ausgruppiert
  • Die Sprechstellen werden im betroffenen Wagen vom UIC-Bus getrennt

Notsteuerung
Bei Komplettausfall von MVB und WTB kann der Triebzug – im Gegensatz zur Baureihe 403/406 – nun dennoch bedient und mit reduzierter Geschwindigkeit im Gefahrenfall bewegt werden. So ist es möglich, aus einem Gefahrenbereich (Brand im Tunnel) herauszufahren, sollte einmal die Leittechnik versagen. Der Lokführer aktiviert die Notsteuerung über das MTD. Bremsungen erfolgen nur noch pneumatisch und die Zugkraft wird immer zu 100 % aufgeschaltet.

Abschleppbetrieb
Weiterhin ist der 407 mit der Funktion Abschleppbetrieb versehen. Sie dient zum Schleppen des Triebzuges, wenn die Batterie ausgeschaltet oder entladen ist.