ICE V - die Drehgestelle

Die Drehgestelle des ICE V

Triebdrehgestelle
Für ein optimales Fahrverhalten im Höchstgeschwindigkeitsbereich musste ein tragfähiges Triebdrehgestell-Konzept her. Hauptsächlich ging es dabei um die größtmögliche Reduzierung der Drehgestell-Massen. Dafür wurde von Henschel das UmAn-Konzept entwickelt (UmAn = umkoppelbare Antriebsmasse). Nach einer Vorerprobung unter einer Lok der BR 202 wurde diese Drehgestellbauart erstmals bei den ICE/V Triebköpfen angewendet.

Das führende Drehgestell am 410-Triebkopf


Der Grundgedanke dabei ist, dass die Motor-Getriebeeinheit einseitig direkt am Wagenkasten aufgehängt ist und nicht, wie sonst üblich, im Drehgestellrahmen. Damit gehört ein Großteil des Gewichtes dieser schweren Komponente zu den voll abgefederten Fahrzeugmassen, was die dynamischen Kräfte zwischen Radsatz und Gleis auf ein Minimum reduziert.
Das Trieb-Drehgestell des ICE V besitzt einen offenen Rahmen ohne mittleren Querträger in geschweißter Kastenbauweise aus Stahlblechen. Die Langträger des Drehgestells sind im Bereich der Sekundärfederung durchgekröpft. Die Radsatzlagerführung erfolgt in Längsrichtung durch Lenker mit sphärischen Gummigelenken, in Querrichtung durch die Schraubenfedern der Primärstufe. Die Primärfederung, die zusätzlich durch ein vertikal wirkenden Stoßdämpfer unterstützt wird, besteht aus einem Schraubenfedernpaar je Radsatzlager. Die Sekundärfederung, die durch einen parallel wirkenden Vertikaldämpfer unterstützt wird, besteht aus je einem Paar Flexicoil-Schraubenfedern.
In Längsrichtung ist das Treibdrehgestell mit einer am Kopfquerträger angelenkten Zug-Druck-Stange an den Wagenkasten gekoppelt.


Laufdrehgestelle

Es wurden insgesamt drei Drehgestell-Bauarten für den ICE V entwickelt:

  • Koppelrahmen-Drehgestell, Hersteller MAN (Demowagen 1)
  • Hochleistungs-Drehgestell, Hersteller MBB (Messwagen, Erstausrüstung)
  • MD 52-350, Hersteller Waggon-Union (Demowagen 2, später auch Messwagen)

 

MD 52-350, Waggon-Union
Das Drehgestell MD 52-350 wurde unter dem Mess- und Demowagen 2 verwendet. Dieses Drehgestell stellt eine Weiterentwicklung der bei den DB InterCity Wagen erfolgreich eingesetzten Drehgestell-Bauart MD 522 dar, die für Geschwindigkeiten bis 200 km/h zugelassen ist.
Die Radsätze des Drehgestells MD 52-350 bestehen aus Monobloc-Rädern mit Schallabsorbern. Außerdem wurden auf der Radsatzwelle Bremsscheiben aufgepresst. Ein einfaches Ein- und Ausbauen des Radsatzes ist möglich, weil die Lager als Wechsellager konzipiert sind. Die Radsatzlager des Messwagens sind mit Kegel-Rollenlagern vorgesehen. Die Drehgestelle des Demowagens 2 wurden dagegen mit Zylinder-Rollenlagern ausgerüstet. Federblatt-Radsatzlenker sind für die Radsatzführung verantwortlich.
Die Primärfederung besteht aus je einem Schraubenfedersatz, der aus einer inneren und einer äüßeren Schraubenfeder mit einem parallel angeordneten hydraulischen Schwingungsdämpfer besteht. Die Sekundärfederung besteht aus je zwei Schraubenfedersätzen pro Drehgestellseite.
Der Wagenkasten, der mit Drehzapfen mit dem Drehgestell verbunden ist, ruht auf einer „Wiege“. Querbewegungen dieser Wiege werden durch einen mit dem Drehgestellrahmen verbundenen hydraulischen Schwingungsdämpfer gedämpft. Schwingmetallschienen übernehmen die Längsführung.
Schlingerbewegungen werden durch Drehhemmungdämpfer gedämpft. Zur Verminderung der Geräusche sind die Radscheiben mit Absorbern ausgerüstet.


Koppelrahmen-Drehgestell, MAN

Dieses Drehgestell wurde unter dem Demowagen 1 angebracht. Das Koppelrahmen-Drehgestell erlaubt aufgrund seiner in der Konzeption definierten Steifigkeit einen guten Lauf in der Geraden als auch eine gute Einstellbarkeit der Radsätze in Bögen.
Wie der Name schon sagt, besteht das Drehgestell aus einem Koppelrahmen. Dieser Rahmen ist an den Enden fest mit den Radsatzlagergehäusen verbunden.
Die Sekundärfederung besteht aus zwei Luftfedern, auf der sich der Wagenkasten ohne Wiege abstützt. Zusätzliche seitliche Schlingerdämpfer sorgen für einen ruhigen Lauf auch bei hohen Geschwindigkeiten. Die Spulen der Wirbelstrombremse stützen sich beim Auslösevorgang nicht auf einer gesonderten Bremstraverse, sondern über Pneumatikzylinder auf dem Koppelrahmen ab.


Hochleistungs-Drehgestell, MBB

Bei diesem Hochleistungsdrehgestell wurden als Material für den Drehgestellrahmen Faser-Verbundwerkstoffe eingesetzt. Damit wurde eine Gewichtseinsparung von ca. 25 % erreicht.
Die Primärfederung erfolgt durch eine elastische Verformung des Drehgestellrahmens, Die Sekundärfederung besteht aus zwei wiegenlosen Luftfedern mit Rollstabilisierung.
Der Wagenkasten wird über eine Mittelplatte und gummigelagerten Drehzapfen (mäanderförmig am Rahmen abgestützt) abgestützt.
Mit diesem Drehgestell waren auf dem Prüfstand Geschwindigkeiten bis zu 500 km/h problemlos möglich. Allerdings setzte man dieses Drehgestell nicht dauerhaft beim ICE V ein, sondern nur temporär als Erstausstattung und bei Versuchen.